Grundsätzlich lese ich BDSM in Fanfictions weniger gerne, in etwa wegen dem, was Bat bereits geschrieben hat: der Übergang zwischen BDSM und Missbrauch ist häufig fließend. Ganz oft bin ich auch schon über Fanfictions gestolpert, die zwar als BDSM getaggt waren, letztendlich aber nur sexuelle Gewalt beinhaltet haben. Scheinbar denken manche Autoren, dass ein BDSM-Tag gerechtfertigt ist, sobald irgendjemandem beim Sex weh getan wird, egal ob einvernehmlich oder nicht. Da gibt's beispielsweise einen ganzen Haufen an Geschichten, in denen irgendein Mädel entführt und als Sklavin an einen BDSM-Club oder vergleichbares verkauft wird, sich dort dann ein Typ in sie verguckt und sie für sich beansprucht, obwohl das Mädel da gar keinen Bock drauf hat. Ist ein sehr beliebtes Schema, aber trotz des Handlungsortes hat es mit BDSM selten was zu tun, sondern geht eher so Richtung sexuellen Missbrauchs und schlimmeres.
Einmal bin ich aber auch über eine ziemlich gute Fanfiction-Reihe gestoßen. Zwar hatte ich da auch einige Sachen zu bemängeln (z.B. etwas wenig Aftercare), aber insgesamt war die Geschichte wirklich rund. Ich habe später auch noch mit der Autorin geschrieben, um ihr ein paar Tipps zu geben (worauf sie wirklich nett reagiert hat) und dabei erfahren, dass sie wohl selber nichts mit BDSM am Hut hat, sich aber von einem Freund beraten lässt, der sich in der BDSM-Szene herumtreibt, weil sie gerne eine realistische Darstellung von BDSM haben wollte und kein zweites Shades of Grey. Das hat mich persönlich sehr gefreut. Was ich an den Geschichten auch gut fand, war, dass sie bewusst versucht hat, aus dem Schema "Top ist der unheimlich selbstsichere Überdom und Sub ist das kleine Häschen, was sich an ihn klammert" auszubrechen und ihr das oft auf eine sehr sympathische Art gelungen ist. In einer Geschichte gibt's beispielsweise den Top, der keine Lust hat, im Alltag etwas anderes als eine gleichberechtigte Beziehung zu führen, Angst vor Spinnen hat (die Sub dann heldenhaft beseitigen darf) und zuhause in seiner Schlabberhose mit einer Pizza auf dem Sofa rumgammelt. Meiner Meinung nach ein wundervoller Kontrast zu Darstellungen wie bei Shades of Grey, wo Christian 24/7 den Ton angeben muss und auch zuhause immer bestens gekleidet ist. In wieder einer anderen Kurzgeschichte beschreibt sie eine Situation, in der Top safeworden muss, weil er sich von Sub überfordert fühlt. Auch etwas, was mir gut gefallen hat, weil man meistens eher den umgekehrten Fall liest. Auch das Setting ist ein realistisches, es geht größtenteils um Charaktere, die unterschiedlich regelmäßig einen bestimmten BDSM-Club besuchen und um deren Geschichten. Ich hatte beim Lesen einfach das Gefühl, dass die Autorin sich viel Mühe gibt, die Aspekte von BDSM einzubeziehen, die bei vielen Geschichten untergehen, und eine möglichst realistische Geschichte zu schreiben. Jaah... Damit habe ich die Frage nach den Lieblingsfics hoffentlich ausführlich genug beantwortet.
Also ja: ich schaue an sich gerne mal in Fanfictions rein, die als BDSM getaggt sind, und hin und wieder stolpert man auch mal über was gutes. Das ist allerdings die Suche nach der berüchtigten Stecknadel im Heuhaufen, und leider kann man den Fanfiction-Heuhaufen nicht einfach anzünden und schauen, was übrig bleibt, sondern muss jedes Fitzelchen einzeln durchschauen. Für manche Geschichten lohnt sich das aber.
Edit: Was ich jetzt ganz vergessen hatte, zu erwähnen, obwohl es mehr oder weniger der Anstoß für den Post war: Auf einer Seite, auf der ich lese, gibt es gerade eine Fanfiction-Challenge mit dem Titel "Kink it up!", in der Fanfiction-Autoren dazu aufgefordert werden, mehr Sexszenen und Geschichten zu schreiben, die nicht Vanilla sind. Was mir an der Challenge gut gefällt, ist, dass NonCon und DubCon explizit unerwünscht sind, genau so wie Praktiken, die die Teilnehmer gefährden. Ich bin sehr gespannt, was dabei rumkommt, da die Challenge schon einiges an Aufmerksamkeit bekommen hat und aufgrund der Regeln tatsächlich das Potential hat, dass dabei gute Geschichten rauskommen könnten. Ich werde die Sache auf jeden Fall weiter verfolgen.
“The only thing we’re allowed to do is believe that we won’t regret the choice we made.” – Levi Ackerman