Alles, was du als negativ beschreibst? Also Schmerz, Demütigung etc.?
Das ist nicht von Natur aus negativ. DU sagst, dass es für sich allein stehend negativ ist. Aber das ist der Unterschied-es ist im BDSM Kontext eben NICHT alleinstehend. Wenn es im BDSM Kontext besteht sind die Fronten geklärt, es ist von Anfang an klar, dass zB Demütigungen nicht ernst gemeint sind sondern nur im Kontext des Spiels stattfinden.
Wo ist denn z.B. der Unterschied zu einer sarkastischen Bemerkung? Oder was ist, wenn man sich spaßeshalber Schimpfwörter an den Kopf wirft? Ich lass mit meinen Freunden auch manchmal Sprüche ab, die bei Fremden wohl absolut nicht auf Begeisterung stoßen würden-macht aber auch nichts. Denn das ist an sich auch ein Vertrauensbeweis-dass meine Freunde mich kennen und wissen, dass das nicht ernst gemeint ist. Und für mich, dass sie meine Freunde bleiben, auch wen ich mal einen doofen Spruch ablasse und sie mich trotzdem mögen, egal, was passiert, dass sie für mich da sind.
Was du so als gegeben ansiehst, dass zB manche Dinge negativ sind, ist in Wirklichkeit nicht zwangsweise so. Das ist nur in deiner eigenen Wirklichkeit so-dass das nicht die gleiche Wirklichkeit ist wie bei anderen Personen zeigt sich doch eindrucksvoll an den Usern dieses Forums.
In manchen Situationen ist ein 'Hi!' nicht angebracht, wenn ich meinen Professor begrüße. Ist es deswegen negativ? Nein! Zu meinen Freunden kann ich ganz normal 'Hi!' sagen, es ist völlig normal-in dieser sozialen Situation!
Abgesehen davon scheinst du dich mal auf die SMler, dann auf die DSler zu beziehen, und das ist an sich irgendwie auch schon wieder ein Denkfehler.
Denn DEN BDSM-ler gibt es nicht. Schmerzen geben mir zB überhaupt nichts, das ist für mich einfach nicht ansprechend, also mach ichs nicht. Andere Leute mögen andere Dinge, na und? Früher waren bestimmte Praktiken von der Kirche verboten. Du schiebst das in deinem Post darauf, dass das irgendwelche irrgeleiteten religiösen Ansichten waren, aber Religion ist auch nur eine Ausdrucksweise von gesellschaftlichen Normen. Du basierst deine Ansichten, dass zB Schmerz negativ ist, auf deinen Ansichten und hältst sie für absolut richtig und fundiert. Das taten die Leute im Mittelalter aber auch!
Letzen Endes bist du von gesellschaftlichen Normen und Erziehung geformt, ob du nun möchtest oder nicht. Egal, ob man sich für wundertoll individuell fühlt oder was auch immer-letzten Endes baut es doch immer auf bereits bekanntem auf.
Ich kann dir allerdings gern sagen, warum ich manche Aspekte von BDSM mag und absolut nicht verwerfliches an ihnen fühle.
Ich bin switcher und mein Freund und ich probieren gerade im D/S Bereich herum, was uns beiden gefällt.
Warum bin ich ihm gegenüber also gern dominant in sexueller Hinsicht?
Ganz einfach. Ich mag es, ihn in der Hand zu haben, ihm die Kontrolle zu nehmen und ihm die Möglichkeit zu geben, nichts mehr zu denken oder zu sehen oder zu fühlen, alle Verantwortung abgeben zu können. Und ich steh drauf, zu sehen, dass ICH es bin, wegen der er nicht mehr gerade denken kann, die ihn so in den Wahnsinn treibt dass er nicht mehr weiß, wo oben und unten ist. Und ich mag es, mit seinen Reaktionen zu spielen, ihn zappeln zu lassen und zu sehen, dass er wegen mir halb wahnsinnig ist und er es und mich so sehr will, dass er schon fast darum bettelt (bis zum betteln sind wir noch nicht gekommen, aber das wird noch

). Ihm die Vernunft zu nehmen, die er nicht allein abgeben kann, die ihn sonst zurückhält, einfach mal loszulassen.
Und warum bin ich gern mal submissiv?
Auch wieder ganz einfach. Für mich ist Sex nichts, das ich freigiebig gebe-ich liebe ihn und das zeige ich ihm dadurch, dass ich ihm meinen Körper, meine Zuneigung schenke, dass er der einzige ist, der mich so berühren, so sehen kann.
Und ich mag es, die Kontrolle abzugeben und, wie oben bereits in anderer Situation geschildert, loszulassen, den Kopf leerzubekommen, einfach nichts mehr zu denken, nur noch zu fühlen. Und es ist für mich das Größte, wenn ich bemerke, wie er loslässt, einfach nur noch tut, woran er denkt, seiner Leidenschaft freien Lauf lässt und mich hart anpackt und auch mal zappeln lässt, mir die Kontrolle nimmt.
Das wichtigste in beiden Fällen ist für mich: Ich steh nicht drauf, Leuten Schmerzen zuzufügen oder Leute zu kontrollieren. Ich stehe darauf, IHN zu kontrollieren, IHN zappeln zu lassen.
Seine Reaktionen sind, egal wer sub und wer top ist, Zeichen seiner Zuneigung, seines Vertrauens, seiner Liebe. Er zeigt mir damit und ich zeige ihm damit, dass wir uns so sehr lieben und vertrauen, dass wir die von der Gesellschaft gesetzten Verhaltensnormen draußen vor der Tür lassen und in dem Moment, in dem wir zusammen sind, nur uns sehen, wie wir sind und uns gegenseitig zeigen, was für ein Bedürfnis und Verlangen wir nach dem anderen haben, das uns beide fast rasend macht. Und dass es okay ist, dass das so ist. Dass ich ihn habe, die Kontrolle für ihn übernehme, damit er sie nicht mehr haben muss. Oder dass eben er die Kontrolle für mich übernimmt, dass er mir hilft, meine ewig laufenden Gedanken zu beruhigen, sie auszuschalten und mir im Kopf Ruhe zu verschaffen, die ich alleine nicht erreichen kann. Dass er mir all die guten Gefühle schenkt, die sonst von meinem Gedankenfluss gestört werden.
Für uns ist das die ehrlichste Form, unsere Liebe zu leben.
(Oh Gott, klingt das schmalzig….)